Die Zeit der Bankenrettungen ist vorbei

Kommentar von Dani Platsch und Fayad Mulla

Im Herbst 2008 standen die internationalen Finanzmärkte scheinbar überraschend, wenn auch nicht zufällig, vor dem Zusammenbruch. Geduldet von der Politik hatten sie mittlerweile so hoch gepokert, dass in ihrem Casino auch unsere Arbeitsplätze, Pensionen, ja unser gesellschaftlicher Wohlstand auf dem Spiel stand. In Ohnmacht vor soviel neuentdeckter Systemrelevanz entschieden die europäischen Regierungschefs, erst einmal die aus der Misere zu ziehen, die uns auch in sie hinein geführt hatten. So wurde damals der Startschuss für europäische Direkthilfen und Haftungen für Banken im Wert von mittlerweile bereits 1,6 Billionen Euro gegeben.

Heute ist die Notlösung von damals bereits zur Faustregel geworden. Je höher und breitflächiger also das Risiko, desto leichter können Banken es im Ernstfall auf uns SteuerzahlerInnen abwälzen. Die Europäische Kommission hat jetzt schon oft genug bewiesen, dass sie Staaten auch dann noch drängt, für private Banken einzuspringen, wenn sie selbst finanziell daran kaputt gehen. Das allein ist traurig genug. Das aber genau die großen VerfechterInnen der freien Märkten hier bereit sind, eine der grundlegendsten Regeln des Marktes zu brechen, entlarvt auch die andere, die betrügerische Seite der europäischen Krisenpolitik. Und hier sind wir mitten beim Thema Staatshaftungen.

“Wer den Nutzen hat, muss auch den Schaden tragen”. Aus der Erfahrung der Großen Depression haben die europäischen Staaten gelernt, dass Risiko und Verantwortung aufs Engste miteinander verknüpft sein müssen, um systemisches Risiko zu vermeiden. Nach den Regeln des Marktes hätten unzählige Banken in der Krise in Konkurs gehen und ihre GläubigerInnen ihre Investments abschreiben sollen. Jetzt hingegen können sie schon für die Zukunft Rettungen antizipieren und in ihre Rechnung aufnehmen. Das ist auch der einzige Grund warum Griechenland und Portugal zurzeit erfolgreich Anleihen platzieren können. Damit hat die Politik einen Geschäftsbereich geschaffen, in dem es für große GläubigerInnen nur noch den Gewinnfall gibt. Gleichzeitig betreiben wir aber eine Sparpolitik, die zu massiven Kürzungen im Sozialbereich, im Bildungsbereich, im Infrastrukturbereich und vielen Sektoren mehr beiträgt. Die EU gibt mit dem Fiskalpakt den Handlungsspielraum vor und die Nationalstaaten verkümmern immer mehr zu den Exekutoren. Resultat ist ein System, in dem die breite Bevölkerungnur verlieren kann.

Mit der Hypo sind wir hautnah am Problem. Was einmal als kleine, unbedeutende Regionalbank galt, ist heute ein Sinnbild verhaltenskreativer Finanzmärkte sowie einer verfehlten europäischen Krisenpolitik. Von einem kriminellen Netzwerk um den verstorbenen Landeshauptmann Haider wurden unglaubliche Summen in dubiose und hochriskante Geschäfte gesteckt und die Bevölkerung als Bürge für den Ernstfall in die Pflicht genommen. Dieser Ernstfall ist jetzt eingetreten: die Bank wurde verstaatlicht und wir SteuerzahlerInnen stehen jetzt mit bis zu 18 Milliarden Euro gerade.

Natürlich kann man dieses System nicht über Nacht aufheben. Aber irgendwann muss der Punkt kommen, an dem die Bevölkerung als Souverän aufsteht und sagt, dass es so nicht weitergeht. Ein Haftungsboykott ist ein erster Schritt in diese Richtung, da er klar zum Ausdruck bringt, dass wir als SteuerzahlerInnen nicht mehr für das Fehlverhalten von Banken zur Kasse gebeten werden möchten. Haftungsboykott bedeutet, dass wir die bestehenden Haftungen für die Banken annullieren und unsere Zahlungen an die Hypo und ihre GläubigerInnen einstellen. Natürlich heißt das, dass die Hypo dann in Insolvenz geht – so wie kleine und mittelständische Unternehmen auch, wenn sie schlecht wirtschaften.

Um das zu erreichen, müssen wir die “Systemrelevanz” von Banken beenden. Banken sollen auf ihre wesentliche Aufgabe als Vermittler zwischen SparerInnen und KreditnehmerInnen reduziert werden. Dies setzt ein Trennbankensystem mit strengen Regeln voraus. Ziel ist, dass Banken eine gewisse Bilanzsumme nicht überschreiten dürfen, damit im Insolvenzfall kein Risiko für die unbeteiligten SteuerzahlerInnen entsteht.

Natürlich ist die Nichteinhaltung von Haftungen ein radikaler Schritt, aber wir können es nicht länger dulden, dass immer wieder Ungerechtigkeit zu Recht erhoben wird.

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