Manifest für Wandel
Prolog
Im 21. Jahrhundert ist der Globale Kapitalismus in jeder noch so entlegenen Ecke der Welt angekommen. All die Krisen, Kriege und Umweltkatastrophen, die wir heute durchleben, sind Symptome seiner ungelösten Verteilungskonflikte. Mensch, Tier, Umwelt und Demokratie – alles wird beschleunigt und der Profitlogik der Märkte untergeordnet. Wer nicht mithalten kann, bleibt auf der Strecke. Das ist die Welt, die wir mit den unglaublichen technologischen Möglichkeiten unserer Zeit, den bitteren Erfahrungen aus zwei Weltkriegen und den nie da gewesenen Chancen der Globalisierung geschaffen haben.
Kurze Zeit schien die Richtung, in die sich die europäischen Gesellschaften entwickelten, vielversprechend. Demokratie, soziale Absicherung oder Bildung standen immer mehr Menschen offen. Doch während wir dachten, der Kampf sei gewonnen, die Vernunft hätte gesiegt, begannen die Eliten – und damit meinen wir all jene, die den Globalen Kapitalismus lenken und von ihm profitieren – mit einem neuen Angriff. Der Wohlstand hat uns gemütlich und unpolitisch werden lassen. Wir haben vergessen, dass er nur in einem permanenten politischen Kampf erreicht und erhalten werden kann. Abgewandt vom Volk haben sich die alten Parteien mit den Eliten arrangiert und sich in die Verwaltung zurückgezogen. Heute stehen wir, unserer politischen Vertretung beraubt, vor den Scherben der eigenen Versäumnisse.
Unwiderruflich dreht sich unsere Welt ins Globale. Doch die Politik hat es bisher verabsäumt, auch auf internationaler Ebene handlungsfähige demokratische Strukturen aufzubauen. Ungestört können die Eliten des Globalen Kapitalismus so ihre weltumspannenden Interessen durchsetzen. Mit rasanter Geschwindigkeit treiben sie die Politik über Köpfe und Grenzen hinweg in die Defensive. Ohne glaubwürdiges Gegenmodell verblassen so auch die Spielräume der nationalen Parlamente immer stärker.
Gestrandet in dieser vermeintlichen Alternativlosigkeit steuern wir in eine praktische und intellektuelle Sackgasse. Statt in die Zukunft zu streben, verharren unsere Gesellschaften in kollektiver Ohnmacht und Isolation. Was unser politisches und gesellschaftliches Leben jetzt prägt, ist eine immer stärker individualisierte Angst. Angst vor Armut und Arbeitslosigkeit, die die Politik für die Profite der Wirtschaft bewusst in Kauf nimmt. Angst vor Menschen auf der Flucht, die vor den Kriegen unserer Politik fliehen. Ja, Angst davor, selbst in diesem System zu versagen.
Lange haben wir dem Treiben der Politik zugesehen und ihren vermeintlichen Strategien und Sachzwängen geglaubt. Wir haben uns hinhalten lassen, als sie unsere Freiheit, Gleichheit und Solidarität für die Profite der Wirtschaft geopfert hat. Dass sie uns heute aber sogar Angst vor der Zukunft macht, werden wir nicht akzeptieren. Denn jede Perspektive auf eine andere Zukunft braucht die Freiheit, diese selbst erfinden zu dürfen. Zuallererst heißt das heute: frei von Angst zu sein.
Wir schreiben dieses Manifest, weil wir bereit sind, für diese Freiheit Partei zu ergreifen. Der beste Zeitpunkt dafür ist jetzt.
Die Demokratische Moderne
Die Zukunft, nach der wir uns sehnen, beginnt mit Demokratie. Immer wieder sind wir als Gesellschaften an dem grundsätzlichen Denkfehler gescheitert, unsere Zukunft lieber der Wirtschaft als der Demokratie anzuvertrauen. Genau damit stellen wir aber die Profitlogik der Märkte unausweichlich über unser Allgemeininteresse. Am Ende haben wir diesen Irrtum noch immer mit dem Verlust von Freiheit und Lebensqualität bezahlt. Trotzdem sitzt dieses Denken noch immer fest in unseren Köpfen. Auch in den alten Parteien hat sich der blinde Marktglaube tief in ihr Selbstverständnis und ihre Programme gebrannt. Damit verkümmert die Politik zum Sprachrohr globaler Profit- und Wettbewerbsinteressen und beraubt gleichzeitig die große Mehrheit der Bevölkerung ihrer politischen Vertretung. Das Primat der Politik geht so endgültig verloren.
Die Demokratie ist zentral für die Freiheit, unsere Zukunft selbst zu erfinden und gemeinsam neue Lösungen für die Herausforderungen vor uns zu bewerten. Denn was die Demokratie so besonders macht, ist ihr Verständnis, dass die Regeln unseres Zusammenlebens weder alternativlos noch naturgegeben sind – sondern gesellschaftlich produziert und deshalb veränderbar. Sie erkennt an, dass unsere Welt mehr Vielfalt an Perspektiven und Lösungen bietet, als einzelne Gruppen allein erfassen, geschweige denn kontrollieren können. Damit ist die Demokratie das Fundament zivilisierten Zusammenlebens und gleichzeitig der einzige Weg dorthin.
Für uns ist es deshalb die zentrale Aufgabe progressiver Politik, die demokratische Grundidee wiederzubeleben und in ihrer Umsetzung zu revolutionieren. Die konkrete Herausforderung der Demokratischen Moderne ist, die oftmals lang- wierigen Prozesse eines demokratischen Gemeinwesens mit der Geschwindigkeit, Komplexität und Geographie unserer Zeit in Einklang zu bringen. Erst dann kann sie die Kraft entwickeln, ihre Regeln auch in einer globalisierten Wirtschaft durchzusetzen und das Primat der Politik wieder herzustellen.
Wir sind uns bewusst, dass Politik heute nur mehr international begriffen und verändert werden kann. Das Beharren auf nationalstaatlichen Identitäten, das die alte Politik betreibt, verschleiert im Grunde nur die Herrschaftsinteressen der Eliten. Stellen wir uns dieser Realität, müssen wir deshalb stets in lokalen Zusammenhängen auch die globale Dimension mitdenken. Nur so können wir endlich auch grenzüberschreitende Interessen artikulieren und eine lebendige politische Praxis entwickeln, die es für eine international handlungsfähige Politik und Demokratie braucht.
Fragend schreiten wir auf diesem Weg voran – bereit, unser Anliegen in das institutionelle Zentrum der Demokratie zu tragen: das Parlament. Für die Politik, die wir anstreben, braucht es gerade dort gewaltige Demokratisierungsschübe. Damit meinen wir nicht mehr direkte Demokratie für einen pseudo-politischen Basisindividualismus, der sich einer echten politischen Einbindung versagt. Was wir in und von unseren Parlamenten einfordern, sind transparente Rechenschaftspflichten im Gesetzgebungsprozess sowie klar definierte Mitsprache- und Repräsentationsrechte für Zivilgesellschaft und Wissenschaft.
Um den gewaltigen Schritt in die Demokratische Moderne zu schaffen, bedarf es aber viel mehr als das. Auch außerhalb der Parlamente braucht Demokratie Raum, Zeit und Gelassenheit, um zu argumentieren, hinzuhören und abzuwägen. Um es den Menschen zu ermöglichen, in den komplexen Konflikten unserer Zeit ihre politische Haltung zu finden und zu formulieren, braucht es einen radikal neuen Zugang zu Bildung. Denn wer seine Sehnsüchte und Rechte sachlich äußern und selbstbewusst einfordern soll, muss zuerst die Chance bekommen, sich kritisch zu emanzipieren.
Im Rahmen gesellschaftspolitischer Überlegungen dürfen wir dabei eines nicht vergessen: Die Medien sind eine der zentralen Säulen jeder Demokratie. Sie formen sowohl private als auch öffentliche Meinungen. Heute wird die breite Öffentlichkeit von wenigen Medienkonzernen und ihrer kommerzialisierten Propaganda gelenkt, in der auch Politik zur Ware wird. Mit Blick auf den Stellenwert von Meinungsvielfalt in einer Demokratie ist es deshalb notwendig, kommerzielle Meinungsmacht zu beschränken und jene Medienformate öffentlich zu stützen, die sich ihrer demokratischen Verantwortung stellen: Menschen aufzuklären und gesellschaftliche Debatten zu den großen Themen unserer Zeit anzuregen. Nicht zuletzt findet diese demokratische Öffentlichkeit auch im Virtuellen statt. Das Internet und bald auch künstliche Intelligenz durchdringen unseren Alltag wie eine zweite Natur und verändern unsere Leben radikal. Doch technologischer Fortschritt ist nie neutral. Die Manifestation der Demokratischen Moderne hängt deshalb auch davon ab, ob wir die Möglichkeiten des Virtuellen als Gesellschaften für uns nutzen können. Die Frage nach dem Schutz unserer persönlichen Daten und dem Zugang zu Wissen und Information berührt den Kern demokratischer Grundrechte jeder künftigen Gesellschaft.
Schon diese wenigen Beispiele an notwendigen Schritten in Richtung Demokratische Moderne zeichnen ein komplexes Bild an Herausforderungen und Aufgaben. Und ja, es kommt noch viel mehr auf uns zu. Doch seien wir ehrlich zu uns selbst: Alles, was uns daran hindert, heute damit anzufangen, die ersten Schritte zu gehen, ist unsere – von der heutigen Politik geschürte – Angst. Zudem glauben viele, dass ohne perfekte Analysen und Pläne keine Veränderung möglich ist. Doch wir wären heute nicht da, wo wir sind, hätten nicht schon viele Generationen vor uns das Gegenteil bewiesen. Das perfekte System gibt es nicht. Deshalb ist Wandel auch keine Antwort, sondern ein Weg. Wollen wir uns aufmachen in Richtung einer fortschrittlicheren Welt, hindert uns nichts daran, heute zu beginnen.
Abkehr vom Kapitalismus
Der Kapitalismus lebt, wenn nicht vom Versprechen, so doch von der Erwartung der großen Mehrheit, dass die Zukunft durch ihn immer besser wird. Doch diese Erwartung kann und wird er nicht erfüllen. Von seinem Zwang zu ständig wachsenden Profiten in gewaltige Expansion gedrängt, stürzt er alles ins Materielle und eskaliert bestehende Ungleichheiten: Reich sind heute fast nur mehr die, deren Eltern schon reich waren. Sie machen die Regeln und konzentrieren die globalen Ressourcen und Vermögen in ihren Händen. So können Konzerne, Superreiche und Finanzindustrie heute problemlos ihren Geschäften nachgehen, ohne Rücksicht auf demokratische Verfahren und die Interessen der Mehrheit nehmen zu müssen. Ihre Größe erlaubt ihnen, sich dem Wettbewerb und ihrer Steuerpflicht zu entziehen. Stattdessen quetschen sie Gewinne und Renditen in einer Dimension aus dem System, die real nicht erwirtschaftet werden kann. Die Folge sind immer gefährlichere Spekulationsblasen, deren Kosten am Ende der Allgemeinheit aufgebürdet werden. Dieser fundamentale und wiederkehrende Bestandteil des Globalen Kapitalismus ist im Grunde auch der Kern der aktuellen Krise.
Auch in Europa lassen sich die enormen gesellschaftlichen und ökologischen Kosten dieses Systems nicht mehr ignorieren. Überall können wir beobachten, wie der Globale Kapitalismus in immer neue Sphären unserer Gesellschaften eindringt und sie seiner Profit- und Wettbewerbslogik unterwirft. Die logische Konsequenz: ein immer arbeits- und ressourcenintensiverer Alltag, zunehmende soziale Polarisierung und für viele Menschen ein Leben im Prekariat, leere Staatskassen und brutaler Raubbau an unserem gesamten Ökosystem. Nichts und niemand ist vor dieser Ökonomisierung geschützt. Selbst der Mensch ist heute nur mehr Ressource und die Angst, nicht mehr gut und schnell genug zu funktionieren, wird immer dominanter. Denn wer wenig oder nichts verdient oder konsumiert, kommt in der kapitalistischen Rechnung nicht vor und ist am Ende nur mehr überflüssiger Ballast.
In so einer Welt wollen wir nicht leben. Wir wollen uns nicht einem System unterwerfen, das nur funktioniert, wenn Gewinne wachsen. Denn der Zwang zu mehr Wirtschaftswachstum steht heute in offensichtlichem Widerspruch zu dem, was einst sein Versprechen war: die kontinuierliche Verbesserung der Lebensumstände aller Menschen. Selbst Gesundheit, Umwelt und Frieden werden ihm untergeordnet. Die ursprüngliche Idee von Wachstum als Motor gesellschaftlichen Fortschritts ist durch diese Realität widerlegt.
Gerade in der Krise stellt sich aber noch ein anderes Problem. Mittlerweile droht das verzweifelte Festhalten an der kapitalistischen Wachstumsformel jeden Gedanken an Freiheit, Gleichheit und Solidarität zu begraben; von revolutionärem technologischen Streben über die Grenzen der Erde hinaus ganz zu schweigen. Höchste Zeit also, uns vom Globalen Kapitalismus abzukehren und uns einem neuen, positiven Zukunftsmodell zuzuwenden: das Gute Leben für alle. In ihm ist das Allgemeinwohl kein Nebenprodukt, sondern die Richtung, in die wir wachsen und uns als Gesellschaft entwickeln wollen. Das schließt wirtschaftliches Wachs- tum nicht aus – aber gibt uns die Chance, uns aus seinen Zwängen zu befreien und unsere Lebensqualität ins Zentrum gesellschaftlichen Fortschritts zu stellen.
Für unsere Gesellschaften ist diese Neuorientierung eine riesige Chance. Denn wenn wir eines aus unserer Geschichte lernen können, ist es die Tatsache, dass immer wenn sich die Menschen auf die Werte der Aufklärung besinnen, sie und ihre Gesellschaften weit über sich hinaus wachsen können. Wir sind uns bewusst, dass unser Streben nach mehr Demokratie ein Kampf ist, der auf vielen Ebenen geführt werden muss. Je zugänglicher wir die neue Politik gestalten, desto eher haben wir die Chance, einen gesamtgesellschaftlichen Diskurs über eine alternative Zukunft einzuleiten und uns damit der wohl größten Herausforderung zu stellen: der Abkehr vom Globalen Kapitalismus als das alles bestimmende Gesellschaftssystem.
Das Gute Leben
Der demokratische Gegenentwurf zum kapitalistischen Lebensmodell ist das Gute Leben – für uns selbst, die Menschen, die wir lieben und all jene, mit denen wir heute oder morgen unsere Erde teilen. Dieses Gute Leben für alle beruht auf sozialer Sicherheit, Gesundheit, einer intakten Umwelt, Zufriedenheit in der Arbeit und Zeit für Beziehungen, Familie und Freundschaften. Gerade weil es für alle gilt, drängt es nach Offenheit für selbstbestimmte Teilhabe und Anerkennung der Gleichheit aller Menschen. Es lässt dabei Raum für die Neugier nach dem Unbekannten, denn das Gute Leben ist kein endgültiger Zustand, sondern Leitmotiv für das Gelingen demokratischer Gesellschaften. Es ist die Basis für einen neuen gesellschaftlichen Zusammenhalt, der uns erlaubt, in Freiheit und ohne Angst nach unserem eigenen Glück zu streben.
An alle, die jetzt zweifeln: Es stimmt, das Gute Leben hat für jede und jeden eine andere Bedeutung. Es ist aber ein Fehler, zu glauben, es sei deshalb Privatsache. Denn Freiheit gilt grundsätzlich für alle oder gar nicht. Für das politische Projekt des Guten Lebens für alle braucht es deshalb ein klares Bekenntnis zu einem demokratischen Regelwerk mit objektiven und messbaren Zielen für Chancengleichheit, eine intakte Umwelt, soziale Mobilität, gerechte Löhne und Arbeitsbedingungen und vieles mehr.
Dabei dürfen wir aber nicht unterschätzen, wie sehr die kapitalistische Logik bereits in unser Denken eingedrungen ist und jenen Bewusstseinswandel hin zum Gemeinsamen verhindert, den wir so dringend brauchen. Überall werden uns kapitalistischer Egoismus, Konkurrenz und Ungleichheit als gesellschaftlicher Fortschritt verkauft. Das Gemeinwohl dagegen wird immer stärker an den Rand gedrängt. Wollen wir die Politik aus den Sachzwängen der kapitalistischen Logik befreien, müssen wir deshalb aufhören, uns weiter mit dem Konsum unsinniger Dinge zu betäuben und eine kollektive Perspektive auf das Gute Leben für alle entwickeln.
Demokratisches Wirtschaften
Natürlich muss sich die Demokratische Moderne auch in der Ökonomie beweisen, denn ohne funktionierende Wirtschaft kann es kein Gutes Leben für alle geben. Bereit zu einem radikalen Wandel unseres Wirtschaftssystems gehören wir aber nicht zu denen, die Märkte abschaffen wollen; die kann es sehr wohl auch ohne Kapitalismus geben. Uns geht es vielmehr darum, die Wirtschaft mit den Werten der Demokratischen Moderne in Einklang zu bringen und auf die Bedürfnisse der Menschen auszurichten. Dafür müssen wir uns auch grundsätzlich mit dem Verhältnis zwischen Eigentum und seinen heutigen Rechtsansprüchen auseinandersetzen.
So gibt es keinen Grund, warum es möglich sein sollte, privaten Gewinn aus der gesellschaftlichen Grundversorgung zu ziehen, die wir alle unabdingbar für das Gute Leben brauchen. Nach Jahrzehnten marktradikaler Politik mag das ungewöhnlich klingen, in der Vergangenheit standen viele dieser Bereiche aber selbstverständlich in gesellschaftlichem Eigentum und unter staatlicher Kontrolle: Bildung, Gesundheit, Pensionen, Sicherheit, Infrastruktur sowie andere systemrelevante und sonst hochvolatile Sektoren wie Banken, Versicherungen oder Energieversorgung. Wer diese Aufgaben im 21. Jahrhundert übernimmt – der Staat oder neue gemeinwohlorientierte Organisationsformen – wird in der demokratischen Auseinandersetzung zu beantworten sein. Am Ende wird der Erfolg davon abhängen, ob diese Bereiche vor Klientelismus und zu viel Bürokratie geschützt werden können.
Es liegt uns fern, unternehmerische Initiative zu beschränken. Solange aber große Konzerne durch ihre Macht und Ausbeutung von Mensch, Tier und Natur die Märkte mit vorder- gründig billigen Waren und Dienstleistungen überschwemmen können, unterdrücken wir die eigentliche Innovationskraft der Wirtschaft. Hier für mehr Demokratie und fairen Wettbewerb einzutreten, kann genau das ändern und der Wirtschaft bisher unbekannte gestalterische Möglichkeiten eröffnen. Deshalb wollen wir, dass versteckte soziale und ökologische Kosten der Wirtschaft radikal offengelegt werden und sich in Preisen und Regulierungen widerspiegeln.
Für eine wirkliche Systemkorrektur braucht es aber auch Änderungen der Besitzstruktur von Konzernen sowie eine Demokratisierung ihrer Strukturen und Entscheidungen. Richtungsentscheidungen etwa hinsichtlich Standort, Herstellungsverfahren oder Unternehmensführung müssen bei Konzernen von den Beschäftigten bestimmt werden. Zusätzlich braucht es globale Antimonopolgesetze und effektive, transnationale Steuergesetze, die verhindern, dass globale Konzerne auf Grund ihrer Größe nicht legitimierte Macht außerhalb unserer Demokratien erreichen.
Der wohl wesentlichste Schritt in die Demokratische Moderne betrifft die Arbeitswelt selbst. Kaum eine andere politische Frage beeinflusst unsere Leben mehr als jene, wie wir Arbeit organisieren, verteilen und bezahlen. Bisher schöpfen nur die Eliten die Renditen der massiven Produktivitätssteigerungen – nicht nur infolge der fortschreitenden Automatisierung – ab, während die große Mehrheit mit Maschinen und Menschen in Niedriglohnländern im Wettbewerb um ihre Arbeitsplätze steht. In der Demokratischen Moderne sollen Menschen hier wie dort an den von ihnen erwirtschafteten Gewinnen teilhaben und ihre Arbeitszeit bei steigenden Löhnen radikal verkürzen. Ja, auch in Zukunft werden und sollen Maschinen immer mehr Arbeit für uns übernehmen. Wichtig ist nur, dass die so frei- werdende Zeit und die erwirtschafteten Gewinne in Zukunft allen zugutekommen. Nicht um bloß den Konsum anzukurbeln, sondern um uns aus dem Spagat zwischen Burnout und Arbeitslosigkeit zu befreien und Schritt für Schritt Selbstbestimmung über unsere Zeit zurückzuerlangen.
Vergessen wir nicht, dass ein wesentlicher Teil unserer Arbeit abseits formaler Beschäftigung stattfindet: Soziale Arbeit, Zeit für Kindererziehung und Pflege, Arbeit im Haushalt oder im Ehrenamt – ohne all diese Tätigkeiten kämen unsere Gesellschaften sehr schnell zum Erliegen und dennoch werden sie meist nicht bezahlt. Sie aufzuwerten heißt nicht, dass jede menschliche Interaktion eingepreist und entlohnt werden muss, sondern dass wir eine neue Debatte über Arbeit und gerechte Verteilung führen müssen. Denn um unsere Gesellschaften grundlegend mit den sozialen und ökologischen Bedürfnissen der Menschen in Einklang zu bringen, müssen wir uns langfristig aus den Zwängen der Lohnarbeit befreien. Die wichtigsten Hebel dafür sind erstens ein Grundeinkommen für alle, bedingungslos. Zweitens eine kontinuierliche Reduzierung der Arbeitszeit und drittens die Neubewertung von Arbeit mit gesellschaftlichem Mehrwert und dementsprechenden Lohnerhöhungen.
Unser Weg
Epilog
Wir lassen uns nicht weiter einreden, dass alles in Ordnung ist, wenn wir wissen, dass es nicht stimmt. Während der Globale Kapitalismus alle Ressourcen für den Luxus seiner politischen und wirtschaftlichen Eliten verbraucht, beraubt er die Mehrheit der Menschen ihrer Zukunft. Wirklichen gesellschaftlichen Fortschritt hin zu einem Guten Leben für alle kann es nur in einer Demokratischen Moderne geben. Machen wir uns also nicht länger vor, sie erreichen zu können, ohne vorher die Eliten zu stürzen. Im Grunde ist damit alles gesagt. Jetzt geht es darum, unserem Gewissen zu folgen und offen Partei zu ergreifen. Wir sind nicht die Ersten, die das tun und wir werden nicht die letzten sein. Vereint in unserer Vision und frei in unseren Zugängen sind wir Teil von Millionen.