Religiöser Fundamentalismus

Religiöser Fundamentalismus wird oft als Vorwand benutzt, um Menschen bedingungslos für eine Sache zu einen. Das kann auf der erzkatholischen Seite sein, wie in Polen, oder radikal islamistisch wie in Saudi-Arabien oder bei den Terroristen vom IS.

Letzte Woche hat der polnische Verfassungsgerichtshof die letzte Ausnahme in ihrem ohnehin schon unglaublich restriktiven Gesetz zu Schwangerschaftsabbrüchen ausgehebelt. Abtreibung von Kindern, bei denen schwere Fehlbildungen erwartet werden, ist nun ebenfalls illegal. Ärzt:innen warnen, die Gesundheit und das Leben von Frauen würden so gefährdet, Frauenrechtler:innen prognostizieren einen rasanten Anstieg riskanter illegaler Abtreibungen. (Heute findet dazu eine Mahnwache statt: https://www.facebook.com/events/640857856611694/)

Leben werden damit nicht geschützt, denn Verbote stoppen Abtreibungen nicht. Sie verlagern sich in den privaten und unprofessionellen Bereich und dort sterben nach Schätzungen 50.000 bis 70.000 Frauen weltweit an den Folgen. Die Dunkelziffer wird vielfach höher eingeschätzt. Das ist nichts anderes als strukturelle Gewalt aus Machtinteressen gegen Frauen, die hier als Opfer ausgewählt werden.

Österreich ist davon noch weit entfernt, aber mit der in diesem Bereich erzkonservativen Regierung steuern wir auch auf Maßnahmen wie jene in Polen zu. Vor zwei Wochen hat der jährliche Marsch für das Leben stattgefunden, wo christliche Fundamentalist:innen selbsternannte “Lebensretter:innen” ohne Maske zwischen Kindern und Identitären marschiert sind. “Liebt sie Beide”-Schilder neben “White Power” Symbolen. Leben schützen wollen, während geltende Pandemiegesetze eindeutig missachtet werden. Sie machen klar, dass die einzigen Leben, die sie schützen wollen, die von Ungeborenen sind.

Islamistische Gewalt funktioniert meist anders und ist viel offensichtlicher und vermeintlich brutaler. Am 16. Oktober wurde der französische Lehrer Samuel Paty in einem islamistischen Terrorakt enthauptet, nachdem er in seinem Unterricht die Mohammed-Karikaturen besprochen hat, deren Veröffentlichung schon 2015 den Anschlag auf die Satirezeitschrift Charlie Hebdo zur Folge hatte. Dies war das fünfte islamistische Attentat in Frankreich allein in diesem Jahr. Hier werden meist junge Menschen ohne gesellschaftlicher Perspektive zu unfassbaren Taten gebracht, die weder in Europa noch in anderen Teilen der Welt akzeptiert werden dürfen. Dass Menschen in Europa geköpft werden, weil sie von unserem Recht auf freie Meinungsäußerung Gebrauch machen, dürfen wir nicht akzeptieren. Hier müssen wir ganz anders mit radikalen Vereinen und Moscheen umgehen und auch mit islamistischen Ländern wie Saudi-Arabien, dem Iran oder der Türkei, die solche Organisationen weltweit fördern.

Die EU und unsere Nationalstaaten haben vieles von der europäischen Idee pervertiert und alles, was uns wichtig ist und zusammenhält, auf die Freiheiten der Unternehmer:innen reduziert. Dabei ist Freiheit, Gleichheit und Solidarität der Kitt, der das Europäische ausmacht. Darauf müssen wir uns besinnen und auch unsere Freiheiten wie Demokratie und Meinungsfreiheit neu aufleben lassen. Wir müssen wieder für mehr Gleichheit sorgen, damit wir unsere Unterschiedlichkeiten auch leben können. Und wir müssen solidarisch sein, wenn es Zusammenhalt gegen die Machtinteressen von den Wenigen braucht.

Dazu gehört auch religiöser Fundamentalismus, der kein Teil einer progressiven und pluralistischen Gesellschaft ist und auch niemals werden darf.

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