Wir haben ein Problem

Es gibt in jeder Gesellschaft Menschen, die nicht bereit sind, ihren Beitrag zu leisten. Die keiner geregelten Arbeit nachgehen. Die am Rande der Gesellschaft leben. Im öffentlichen Leben sieht man sie kaum und trotzdem wissen wir, dass sie da sind. Im Fernsehen kommen sie fast täglich vor – wenn etwa sensationsgeile Fernsehsender in ihren Sozialpornos über ihre Leben berichten. Die Rede ist von den Superreichen dieser Welt. Da aber der Begriff Oligarchen (die Herrschaft weniger Vermögender über den Rest) viel treffender und weniger schmeichelhaft ist, werde ich ihn in diesem Artikel und in Zukunft stärker verwenden.

Die Oligarchen – Menschen, die mehr als 30 Millionen Euro an Vermögen besitzen – machen zwar nur 0,01 Prozent der Bevölkerung aus, sie haben aber massiven Einfluss auf unsere Gesellschaft. So leben die meisten von ihnen von Zinserträgen, die sie oft auf ererbtes Vermögen erhalten. Obwohl sie dafür absolut keine Leistung erbringen müssen, lassen sie sich dieses Erbrecht fürstlich entlohnen. Die wirkliche Arbeit oder Leistung, die hinter diesen Zinserträgen steckt, müssen die 99 Prozent der Gesellschaft erbringen.

Absurd, aber es geht noch mehr. Der Lohn, den die Oligarchen für ihre „Arbeit“ erhalten, zählt nicht als Lohn, sondern als Kapitalertrag und muss damit nicht progressiv bis 55 Prozent Steuersatz versteuert werden. In Österreich ist per Verfassung festgelegt, dass Kapitalerträge nur maximal halb so hoch wie Arbeit besteuert werden dürfen. Abgesehen davon, dass dem Staat damit jedes Jahr Milliardenbeträge entgehen, ist es extrem ungerecht, dass arbeitsloses Einkommen steuerlich besser gestellt ist, als Löhne und Gehälter. Absurd ist es aber vor allem, weil Steuern auch steuern sollen. Das Zeichen, das hier gesendet wird ist: Arbeiten schlecht – Zinsen kassieren gut.

Und obwohl das alles schon so unfassbar ist, geht es noch weiter. Denn die Gier kennt keine Grenzen. Obwohl steuerlich ohnedies schon besser gestellt als 99,9 Prozent der Bevölkerung, sind die Oligarchen oft auch nicht bereit diesen Teil an Steuern beizutragen. So hat eine kürzlich veröffentlichte Studie gezeigt, dass jeder Zweite aus diesem erlauchten Kreis Geld vor den Steuerbehörden versteckt. Sonderlich verwundern wird das niemanden, weil wir ohnehin alle wissen, dass die da oben keine Steuern zahlen. Sonst wären die Schweiz, Monaco oder die Cayman Inseln ja nicht so erfolgreich.

Von unseren Politikern brauchen wir uns hier nichts erwarten. Sie waren es, die die Steuergesetze für die Oligarchen bis in den Verfassungsrang gehoben haben. Sie haben die staatsübergreifenden Steuervermeidungsmodelle für die Konzerne und ihre Besitzer geschaffen – und haben sie so kompliziert werden lassen, dass es für die Steuerbehörden heute fast unmöglich ist, diese Steuerkonstruktionen überhaupt zu prüfen.

Absurd, aber so funktioniert Kapitalismus nun mal. Einige Wenige besitzen das Kapital und andere gehen statt ihnen arbeiten. In der Phase des Neoliberalismus ist das einfach nur ein bisschen extremer als in den goldenen 60ern und 70ern, als die Reichen noch einen etwas gerechteren Beitrag leisteten und dadurch größere Infrastruktur-, Sozial- und Bildungsprojekte umgesetzt werden konnten. Das Prinzip ist aber das gleiche.

Wir haben eigentlich nicht nur ein Problem, sondern sehr viele. In unserer Arbeitswelt mit immer mehr Arbeitslosen auf der einen und Überarbeiteten auf der anderen Seite. Im Bildungssystem, das mit seinen Lehrplänen schon um Jahrzehnte hinter der Realität und ihren Herausforderungen herhinkt. Im Gesundheits- und Pflegesystem, dass die Menschen immer öfter krank macht und auf sich alleine stellt. In Kunst und Kultur, die ausgehungert werden, obwohl ohne ihnen doch alles gar nichts ist. Im Globalen, wenn Menschen vor unseren Konzernen und Kriegsmaschinerien fliehen müssen. In der Landwirtschaft, wenn Essen auf unmenschliche Weise erzeugt wird und Konzerne Bauern jeglichen Gewinn abknöpfen. Und in noch so vielen anderen Bereichen. Unzählige Probleme, aber eine gemeinsame Quelle: Der Neoliberalismus, der nur das Wohl der Bankkonten der reichsten 0,01 Prozent kennt.

Autor: Fayad Mulla

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