„Kürzlich wurde bei einer YouGov-Umfrage[1]in Großbritannien festgestellt, dass nur die Hälfte aller Menschen, die in einem festen Vollzeitjob arbeiten, überzeugt sind, dass ihre Tätigkeit in irgendeiner Weise sinnvoll ist. Sagenhafte 37 Prozent sagten, dass ihre Arbeit keinerlei Sinn habe.
Das ist für Gesellschaften, in denen Arbeit als Wert betrachtet wird, ein erschütterndes Ergebnis, zumal es keine Korrelation zwischen Sinnlosigkeit und Bezahlung gibt. Leute, die bei der Stadtreinigung, als Verkäuferinnen oder als Dienstleister arbeiten, finden ihre Tätigkeit fast nie sinnlos, fühlen sich aber zu Recht unterbezahlt und zu schlecht angesehen. Berater, PR-Leute, Lobbyisten hingegen machen überproportional Dinge, die die Welt nicht braucht, bekommen dafür aber gute Gehälter. Und man könnte sagen: Die, die Müll produzieren genießen merkwürdigerweise höheres gesellschaftliches Ansehen als die, die ihn wegräumen.
David Graeber, der unlängst ein Buch über „Bullshit-Jobs“ veröffentlicht hat, nennt vor allem Assistenten (Power-Point-Präsentationen für den Chef basteln), Unternehmensanwälte, Lobbyisten, PR-Leute als Beispiele für Bullshit-Jobs – deswegen, weil sie keinen gesellschaftlichen Nutzen stiften und jenen, die sie ausüben, das betrübliche Gefühl verleihen, eigentlich nichts beizutragen, was die Welt besser macht.
Psychologisch würde man das einen Mangel an „Selbstwirksamkeitsgefühl“ nennen, und tatsächlich demoralisiert es Menschen, wenn sie nur sinnloses Zeug machen, auch wenn sie gut dafür bezahlt werden und eindrucksvolle Titel führen. Man kann das auch den zahllosen Alltagsgesprächen abhören, in denen Angestellte darüber klagen, wie schlecht die Abläufe in ihrem Unternehmen oder Organisationen koordiniert sind, wie schwer man mit Verbesserungsvorschlägen durchkommt, wie blockiert sie sich mit ihren Qualifikationen von Vorgesetzten fühlen usw. In solcher Kritik bringt sich eben auch das Gefühl zum Ausdruck, nicht so wirksam sein zu dürfen, wie man es den eigenen Fähigkeiten nach sein könnte.“
Ein kleiner Auszug aus dem neuen Buch von Harald Welzer, “Alles könnte anders sein”.
Ein Denkanstoß für den heutigen Sonntag und ein tolles Gesprächsthema für Freunde und Familie. Schönes Wochenende euch allen.
[1] YouGov, 2015 – 37% of British workers think their jobs are meaningless