Ein Weg aus der Gewaltspirale

Die unfassbare Gewalt, die Menschen, vor allem Zivilistinnen und Zivilisten, in Israel und Gaza seit über zwei Monaten angetan wird, erschüttert uns jeden Tag aufs Neue. Unsere Wut und Verachtung sei denen gewiss, die aufgrund von verblendeten Ideologien und den Machtinteressen einiger weniger kein Richtig von Falsch mehr unterscheiden können. Unsere bedingungslose Solidarität ist mit all den unschuldigen Menschen, denen Unmenschliches zugemutet und angetan wird.

Aber neben der Wut und Trauer wollen wir auch verstehen und besprechen, was hier eigentlich passiert. Dass nichts im luftleeren Raum geschieht, ist dabei so klar wie wichtig festzuhalten. Die seit Jahren andauernde völkerrechtswidrige Blockade und Gewalt, die die Menschen in Gaza erleiden müssen, rechtfertigt nicht den eliminatorischen Antisemitismus der islamistischen Terrorgruppe Hamas[1] und genauso wenig Terrorattentate auf Unschuldige. Gleichzeitig rechtfertigen diese ebenso wenig die Kollektivstrafe – die zehntausenden Toten und die Zerstörung des Lebensraumes in Gaza. Dabei ist uns wichtig festzustellen, dass weder die Terrororganisation Hamas noch die rechtsnationale, demokratiefeindliche Regierung Israels repräsentativ für die ganze Bevölkerung Gazas und Israels sind.

Nun dürfen wir aber in unserer Trauer und Wut nicht ohnmächtig werden, sondern müssen noch stärker an einem Ende des Konflikts und einer gemeinsamen Zukunft in Frieden arbeiten. Dass der Israel-Palästina-Konflikt sich nicht mit Gewalt und Rache lösen lässt, ist nach Jahrzehnten des Scheiterns offensichtlich. Wer noch immer Gewalt als Mittel sieht, kann nicht Teil einer Friedenslösung sein, die nachhaltig den Menschen ein gutes und sicheres Leben ermöglicht. Nur ein Ende der Logik und Spirale der Gewalt bringt eine Chance auf Frieden und dafür braucht es den Einsatz von allen die bereit sind, sich von einer militärischen Lösung zu verabschieden, ihr Gegenüber anzuerkennen und sich Schritt für Schritt in Richtung zwei Völker in Frieden aufzumachen.

Willensbekundungen alleine reichen nicht, um dorthin zu kommen. Es braucht konkrete Zusagen und Schritte, die zuallererst das Töten und Sterben beenden, humanitäre Soforthilfe ermöglichen und die Unschuldige aus ihrer Gefangenschaft befreien:

  1. Sofortiger Waffenstillstand, überwacht durch die Vereinten Nationen, gegebenenfalls unter Einsatz einer UN-Blauhelmmission.
  2. Humanitäre Hilfe durch UN- sowie internationale Hilfsorganisationen in den besetzten Gebieten und Gaza.
  3. Freilassung von allen Geiseln und politischen Gefangenen.

Darüber hinaus ist es zentral, dass die Verhandlungen über ganz konkrete weitere Schritte sofort beginnen müssen, um Israelis und Palästinenser:innen einen klare Zukunftsperspektive in Richtung Frieden und Koexistenz zu eröffnen. Hierbei kann Österreich als kleines und neutral wahrgenommenes Land den Weg zu einem Friedensfahrplan aufzeigen und als Vermittler vorantreiben. So wie dies auch schon einmal unter Kreisky geschehen ist und wofür Österreich noch immer von sehr vielen Menschen im Nahen Osten geschätzt wird. Diese Friedens- und Lösungsinitiative muss natürlich innerhalb der Vereinten Nationen weiter ausgearbeitet, beschlossen und umgesetzt werden. Sie soll in ihren Grundzügen sowohl an die Wurzel der Probleme gehen, Wiedergutmachung und Versöhnung leisten, als auch die ersten Schritte in Richtung einer Zeit des Friedens einläuten. Folgende Schritte sind dabei zentral:

  • Abzug aller Truppen und Siedlerinnen und Siedler aus besetzten Gebieten.
  • Auflösung der Hamas und Stabilisierung von Gaza durch eine UN-Blauhelmtruppe.
  • Abhaltung einer internationalen Friedens- und Versöhnungskonferenz und Einleitung eines geschichtlichen Aufarbeitungsprozesses inklusive Wiedergutmachungsplan unter starker Beteiligung der Zivilgesellschaft.
  • Beginn der Verhandlungen einer Ein- oder Zweistaatenlösung mit dem Ziel der Gründung derselben.
  • Abrüstung aller Nuklearwaffen sowie Ratifizierung des Atomwaffensperrvertrages durch alle Länder des Nahen Ostens, sowie Kontrolle durch die IAEA.

Aus heutiger Perspektive ist das ein ambitionierter, ja ein utopischer Vorschlag, aber es ist genau das, was es braucht, damit es einen nachhaltigen Frieden und eine langfristige Lösung des Konfliktes geben kann. Es braucht Mut zu Frieden und Mut neue Wege zu gehen und bisher Nie-Angesprochenes zu diskutieren. Und es braucht natürlich die Weltgemeinschaft, die dies einfordert, vorantreibt und für eine ehrliche und transparente Umsetzung sorgt.

Aber nicht nur die internationale Gemeinschaft, Politiker:innen und NGOs haben die Macht zu handeln. Als Einzelne aber auch als Kollektiv, als Zivilbevölkerung ist es gerade jetzt unsere Aufgabe, solidarisch miteinander gegen jeden Antisemitismus und jeden Rassismus in Österreich zu stehen. So können wir unseren Weg aus der Ohnmacht finden, denn Antifaschismus darf nicht nur ein Wort sein.

Die Zeit des Leidens muss ein Ende finden. Die Zeit des Friedens muss anbrechen.


[1] Hamas-Charta 1: „Dabei verweist sie auf ein traditionelles Hadith, das zum Töten aller Juden aufruft, und im Anschluss an die antisemitischen „Protokolle der Weisen von Zion“ auf die Verschwörungstheorie eines angeblichen Weltjudentums.“

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